Rückkehr zu Rationalität und liberalen Werten – Teilnahme von Thomas L. Kemmerich an Geraer Spaziergang

In den vergangenen Tagen rückte Thomas L. Kemmerich, der Landesvorsitzende der FDP Thüringen, aufgrund seiner Teilnahme an einer Demonstration in Gera in den Fokus der bundesweiten Medien. Die öffentliche und mediale Rezeption ist richtigerweise deutlich und kritisch.

Wir Jungen Liberalen Thüringen teilen den öffentlichen Konsens, dass die Teilnahme an dieser Demonstration, an der auch Impfgegner, Anhänger von Verschwörungstheorien sowie Personen, die dem rechtsextremen Spektrum zuzuordnen sind, teilgenommen haben, ein Fehler war.

Die eigenständige Entscheidung von Thomas L. Kemmerich, an dieser Demonstration teilzunehmen, mag die Ausübung seines Grundrechtes auf Demonstrationsfreiheit sein, jedoch hat er mit seiner Teilnahme an der Demonstration die politischen Ziele der Freien Demokraten Thüringen und auch der Bundespartei ins Gegenteil verkehrt und ist seinem eigentlichen Ziel, der Bürgernähe, nicht gerecht geworden. Deshalb ist die Entscheidung von Thomas L Kemmerich, auf sein Mandat im Bundesvorstand der FDP vorerst zu verzichten, nach Ansicht der Jungen Liberalen Thüringen ein erster richtiger Schritt.

Die Jungen Liberalen Thüringen sehen nun die Notwendigkeit, dass die Freien Demokraten Thüringen zu einer von rationalen Entscheidungen getragenen Politik zurückfinden und in Zukunft von intuitiven Entscheidungen absehen. Nur so ist es möglich, Warnzeichen für Fehlentscheidungen zu erkennen und in Zukunft Fehltritte frühzeitig zu unterbinden. So hätte erkannt werden können, dass Vertretern der extremen Rechten, wie Stephan Brandner, der bereits im Vorfeld der Demonstration am Samstag einen Infostand der AfD angekündigt hatte, eine Bühne geboten wird und Meinungen von Impfgegnern und Verschwörungstheoretikern hofiert werden.

Ebenfalls hätte erkannt werden müssen, dass in diesem speziellen Kontext, vor allem in Bezug auf die Stadt Gera, die Bezeichnung „Spaziergang“ anstelle von „Demonstration“ bereits des Öfteren im Kontext rechtspopulistischer Kundgebungen verwendet wurde. Spätestens bei der Begrüßung durch den Veranstalter, welcher Thomas L. Kemmerich als den „einzig legitimen Ministerpräsidenten des Freistaat Thüringens“ angekündigte, hätte sich Thomas L. Kemmerich distanzieren und die Veranstaltung verlassen müssen.

Leider verzichtete Thomas Kemmerich auch im direkten Nachgang der Veranstaltung darauf, sich zu erklären und sich der Kritik zu stellen. Stattdessen veröffentlichte der FDP-Landesverband ein Statement, welches, statt deeskalierend zu wirken, die Debatte weiter befeuerte.

Der Landesvorsitzende der Jungen Liberalen Thüringen, Philip Riegel, kritisiert: „Bei der Teilnahme an einer Demonstration sollte sich nicht nur entsprechend verhalten und die hygienischen Vorschriften eingehalten werden. Man sollte ebenso genau prüfen, wer auf so einer Demonstration mitläuft. Das braucht ein Mindestmaß an politischem Gespür. Mit Verschwörungstheoretikern, Reichsbürgern und Rechtsextremen zu laufen, unterstützt nicht die Diskussion um Exit-Strategien, sondern verspielt das Vertrauen der Menschen in eine Partei.“

Wir Jungen Liberalen Thüringen sehen, im Angesicht der aktuellen Lage, den Zeitpunkt für gegeben, um einen Neustart der politischen Kultur der Freien Demokraten Thüringen einzuleiten. Hierfür ist es gerade nach den vergangenen Geschehnissen notwendig, transparent und offen über die Zukunft des Landesverbandes zu diskutieren. Wir Jungen Liberalen Thüringen begrüßen daher die auf dem letzten Landesparteitag angestoßenen Maßnahmen zur Erneuerung der Parteistruktur und der Etablierung eines neuen Grundsatzprogramms, sehen aber den dringenden Bedarf einer umfangreichen und konsequenten innerverbandlichen Aufarbeitung der Geschehnisse seit Februar 2020. Dazu gehören auch die Aufarbeitung der innerverbandlichen Kommunikation und Prozesse sowie des internen Krisenmanagements. Diese neue Kultur ist nach Ansicht der Jungen Liberalen Thüringen nur dann erfolgreich, wenn sich die politische Führung der Freien Demokraten Thüringen vor der Parteibasis verantworten muss und politische Problematiken nicht in exklusiven Kreisen ausgesessen werden.

Die Jungen Liberalen Thüringen treten für eine aktive Abgrenzung gegenüber rechten Kräften, die den demokratischen Konsens und den Meinungspluralismus ablehnen, ein. „Wir müssen die liberalen Werte unserer Partei, das heißt besonders klare Kante gegen Extremismus, Faschismus, Rassismus und Homophobie, in diesen Zeiten umso mehr hochhalten. Sie müssen sich ganz klar in unseren Handlungen wiederspiegeln.“, so Philip Riegel.

Ein Exit braucht auch einen Plan!

Das in Runde der Bundesregierung und der Ministerpräsidenten der Länder beschlossene Papier, vom 15.04.2020, symbolisiert, dass langsam diejenige Phase der Corona-Krise beginnt, in welcher wir aus einem Krisenmodus heraus zur Rückkehr in die Normalität übergehen. Die Gefahr durch das Corona-Virus ist noch lange nicht gebannt, doch trotzdem muss, Schritt für Schritt, wieder eine Rückkehr in die Normalität stattfinden. Der Beschluss ist jedoch leider in vielen Punkten nicht darauf zugeschnitten, dahingehende Lösungen zu finden. Während der Krise muss jedem ein Leben ermöglicht werden, das dem Alltag so sehr ähnelt, wie es die aktuelle Lage der Pandemie und die gebotene Vorsicht erlauben.

Eine Gruppe, die aktuell besonders stark unter der Corona-Pandemie leidet, sind Gastronomen und Kneipenbesitzer. Im Papier der Regierung werden diese kaum angesprochen. Für zusätzliche Verunsicherung sorgt das Nichtvorhandensein deutlicher Regeln, die zu einer angemessenen Zeit eine Wiedereröffnung von Lokalen ermöglichen. Das trifft Gastronomen, besonders vor dem Hintergrund zur Neige gehender finanzieller Unterstützung.

Das öffentliche Leben ist mit der Krise mehr oder minder zum Stillstand gekommen. Viele Veranstaltungen, die besonders in den Sommer hinein Unterhaltungsmöglichkeiten geschaffen hätten, finden nicht statt; dies auch häufig aus gutem Grund. Sogenannte Großveranstaltungen sollen weiterhin bis zum 31.08. nicht stattfinden dürfen, jedoch bleibt der Freistaat einer klaren Definition bisher schuldig. Das muss schnellstmöglich verändert werden. Diese Unsicherheit sorgt unter Veranstaltern weiter für einen enormen finanziellen wie auch persönlichen Druck.

Die Wiedereröffnung von Schulen, besonders für die Grundschüler der 4. Klasse, kommt für uns überraschend und definitiv zu früh. Speziell bei jungen Schülerinnen und Schülern ist es schwer vorstellbar, dass die Einhaltung von Abstandsregeln wirklich durchgesetzt werden kann. Der hygienische Zustand vieler Schulen, von uns schon seit Jahren bemängelt, trägt sein Übriges bei. Die fehlende Unterstützung der Hochschulen mit digitalen Möglichkeiten erschwert es ebenso, dass der digitale Vorlesungsstart ansatzweise geregelt stattfinden und die Präsenzvorlesungen wirklich ersetzen kann. Gemeinsam mit der Verlängerung zu den Maßnahmen der Ein- und Rückreise bis zum 04.05. wird es besonders für Studierende, die aktuell nicht im Freistaat sind, erschwert, ihr Semester zu beginnen. Deshalb halten wir es für notwendig,  Studierenden  das Sommersemester 2020 rechtlich als Urlaubssemester anerkennen zu lassen.

Es wird immer schneller notwendig, für die Zeit nach der Krise Programme zu entwickeln, die wirtschaftliches Wachstum wiederbeleben und besonders die Dienstleistungswirtschaft ankurbeln können. Gleichzeitig muss die Bevölkerung aber auch in der Zeit des Überganges angemessen geschützt werden. Ein Exit aus der Krise braucht einen besseren Plan!